Heinrich Tischner Fehlheimer Straße 63 64625 Bensheim |
Eros und Agape |
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Ich kann mich an einen Vortrag in meiner Studentenzeit erinnern, wo der Referent zwischen griech. ἕρως érōs und ἀγάπη agápē unterschied. Er bedachte dabei aber nicht, dass in der Septuaginta ἕρως érōs und ἐρᾶσθαι erâstʰai nur an wenigen Stellen vorkommt und im NT überhaupt nicht. Stattdessen benutzt die Bibel fast ausschließlich ἀγάπη agápē, ἀγαπᾶν agapân, macht also offenbar in den verschiedenen Arten von Liebe so wenig einen Unterschied wie hbr. אהבה ahábâ, אהב áhôb und deutsch Liebe, lieben. Dagegen macht das klassische Liebesgebot keinen lexikalischen, sondern einen grammatischen Unterschied, den kaum jemand zur Kenntnis genommen hat:
In der griechischen, lateinischen und deutschen Bibel ist dagegen unterschiedslos von ἀγαπᾶν agapân, diligere, lieben mit Akkusativ die Rede. Bei der Nächstenliebe geht's also um unser äußeres Verhalten, bei der Gottesliebe um die innere Haltung. Genau das scheint mir auch der Unterschied zwischen lateinisch diligere, caritas 'Nächstenliebe' und amare, amor 'leidenschaftliche Liebe' auszudrücken, wobei der Lateiner die Liebe zu Gott amor dei nennt oder von studium et amor veritatis 'Eifer und Liebe zur Wahrheit' reden kann. Er unterscheidet also nicht zwischen "sinnlicher" und "geistiger" Liebe, sondern zwischen innerer Haltung (amare) und äußerem Verhalten (diligere), wobei das Gegenstück zu diligere nicht diligentia, sondern caritas ist. Wenn es um die Liebe Gottes geht, redet der Hebräer sehr drastisch von אהבה ahábâ (auch 'Liebe zwischen Mann und Frau', siehe Hosea), ja sogar von קנאה qinʔâ 'Eifersucht', aber auch von רחמים raḥamîm 'Herzlichkeit' und הסד ḥäsäd 'Verbundenheit'. Und er kann in Ps 18 bekennen ארחמך ärḥameka "herzlich lieb habe ich Dich, Herr..." Im Deutschen reden wir in allen Fällen immer nur von lieben, obwohl uns doch auch die Wörter mögen, gernhaben (verwandt mit begehren) und leiden können zur Verfügung stehen. Das Griechische hat zusätzlich noch φιλεῖν pʰileîn 'Freund sein von', wobei Joh 21 in seiner Petrusberufung keinen Unterschied macht zu ἀγαπᾶν agapân. Gerade dieses Kapitel hat eine Vorliebe für die Abwechslung im Ausdruck. Von der Liebe zwischen Mann und Frau habe ich neulich gelesen, es ließen sich drei Stufen unterscheiden, die durch bestimmte Botenstoffe im Gehirn gekennzeichnet wären: 1. erotische Verliebtheit bzw. Hintereinander-her-sein, abgelöst durch 2. Pflegeverhalten bzw. Für-einander-da-sein und übergehend 3. in Bindung bzw. Aneinander-gewöhnt-sein. |
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Was ist Liebe? |
Lieben wie sich
selbst - Was meint die Bibel? |
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Datum: 1995 / 2008 Aktuell: 09.02.2019 |