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Heinrich Tischner Fehlheimer Straße 63 64625 Bensheim |
Hochdeutsch und PlattSprachecke in den Echo-Zeitungen |
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Niebergall macht sich im „Datterich“ im 6. Bild, 5. Szene über zwei Polizeidiener lustig, die von Amts wegen hochdeutsch sprechen müssen, ohne es wirklich zu können: Zweiter: „Schweig’! Da kommt Einer.“ – Erster: „Es ist der Datterich.“ Zweiter: „Fort! Der ist’s eher wie nicht.“ Und wenn er’s noch so gekonnt in der Bühnensprache artikuliert: Hochdeutsch ist das nicht, sondern vornehm ausgesprochenes Hessisch. Richtig hochdeutsch wäre: „Es sieht ganz so aus. Das ist er wahrscheinlich.“ Es ist keineswegs so, wie man den beiden Ordnungshütern wahrscheinlich einreden wollte, dass Mundart nur eine ungebildete, vernachlässigte Form des Hochdeutschen sei. Mit der richtigen Aussprache ist es also nicht getan. Mundart und Hochdeutsch sind zwei eigenständige Sprachen mit abweichender Lautung, Wortschatz, Grammatik und Stilistik. Natürlich wird Dialekt nachlässiger ausgesprochen als
gepflegte Hochsprache, zum Beispiel
do
simmer statt
da
sind
wir
(mit Lautverschmelzung) oder
Mick,
Micke statt
Mücke,
Mücken
(mit Verkürzung am Ende und Entrundung des „ü“).
Hochdeutsch hat ursprünglich nicht die Sprache
der Oberschicht bezeichnet, sondern die Dialekte, die im „hohen“, gebirgigen
Teil Deutschlands gesprochen wurden im Unterschied zum
Niederdeutschen
oder
Platt in der norddeutschen „platten“ Tiefebene. Trotz Luther blieb das neue Deutsch lange nur eine geschriebene Sprache. Erst nach und nach glichen sich die Sprechgewohnheiten aneinander an. Behörden und Schulen forderten, dass man so sprach, wie man schrieb. Opfer dieser Bemühungen war der zweite Polizeidiener im Datterich. Er beherrschte zwar die richtige Aussprache, konnte aber keine hochdeutschen Sätze bilden. Ähnlich musste die englische Eliza in „My fair Lady“ erfahren, dass die feine Aussprache noch keine feine Dame macht. Im Theater des 19. Jahrhunderts kam schließlich das Bedürfnis nach festen Regeln für die Aussprache auf. Zwei Jahrzehnte nach Konrad Dudens erstem Rechtschreibewörterbuch (1880) entstand Theodor Siebs „Deutsche Bühnenaussprache“ (1898). Dieses Werk ist die Grundlage für die Aussprache nicht nur auf der Bühne, sondern auch in Rundfunk, Fernsehen und anderen Institutionen. |
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Sprachecke 18.09.2012 |
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Datum: 09.03.2004 Aktuell: 09.02.2019 |