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Heinrich Tischner Fehlheimer Straße 63 64625 Bensheim |
SirenenklängeSprachecke in den Echo-Zeitungen |
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Eine Sirene ist ein Alarminstrument, das nervtötende Heultöne aussendet, benannt nach den Sirenen, den singenden Nixen aus der Odyssee: Mit ihrem betörenden Gesang fesseln sie die Aufmerksamkeit der Seeleute, so dass ihr Schiff an einer gefährlichen Stelle zerschellt. Griechisch seirên 'singende Meerfrau' erinnert an unser sirren, surren, lateinisch susurrare 'summen', altslawisch svirati 'flöten'. Die Romantiker haben diese Sage an den Mittelrhein verlagert. Nach dem bekannten Lied von Heine sitzt ein Mädchen auf einem Bergvorsprung, kämmt ihr goldenes Haar und lockt mit einer "wundersamen Melodei" den Schiffer auf die Felsenriffe. Was hat es mit der Lorelei auf sich? Lei ist ein rheinisches Wort für 'Schieferplatte, Schieferfelsen', wohl ein Erbstück von den Kelten: Altirisch lía bedeutete einfach 'Stein'. Die singende Dame kämmt sich also auf einem Schieferfelsen. In einer Urkunde aus dem Kloster Fulda aus der Zeit um 1000 ist von einem Mons Lurlaberch 'Berg Lurlaberg' die Rede. Im älteren Deutsch bedeutete luren 'schnurren', löhren 'heulen wie ein Tier' und lörlen 'plärren'. Der Schieferfelsen bei St. Goarshausen ist also nach Tönen benannt, die dort zu hören waren, vielleicht ein Echo oder das Heulen des Windes. Die Sage schreibt diese Töne einer dämonischen Sängerin zu, die die Schiffer ins Verderben lockte. Was hatten die aber auch nach dem Mädchen zu gucken, statt auf die Klippen zu achten? Ähnliche Geschichten werden auch anderswo erzählt. Die Bretonen nennen die singende Nixe morganez 'Meer-Gesang' (zu mor 'Meer' und kan- 'singen'. Im zweiten Teil einer Zusammensetzung wird K zu G). In den französischen Sagen wurde daraus eine fée Morgain oder fée Morgue, letzteres eine Umdeutung zu einem keltischen Wort für 'junge Frau'. Auch der "Parzival" kennt diesen Ausdruck: Dort wird von einer feie 'Fee' berichtet, die im Land Feimurgân wohnt. Durch die Normannen kam der Name nach Sizilien. Dort schrieb man Luftspiegelungen über der Straße von Messina einer Fee (italienisch fata) Morgana zu. Der Sage nach verzaubert sie nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren, so dass man wunderbare Melodien hört, die aber für die Schiffer unschädlich sind. Gefährlich wird es erst, wenn man die Fee erblickt. Den Ausdruck Fata Morgana wandte man bald auch auf ähnliche Luftspiegelungen in der Wüste an. Und schon ist die alte Seegeschichte auf das Sandmeer übertragen: Verdurstende meinen Wasser zu sehen und werden tiefer in die Wüste gelockt. Im Arabischen wurde der Name der Fee zum Frauennamen Murdschana. Ob Sirene, Lorelei oder Morgana: Überall glaubte man Musik zu hören. Daher benannte man die dämonische Sängerin mit Namen, die Töne bezeichnen. |
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Echo Online
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Sprachecke
07.07.2015 |
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Datum: 14.02.2006 Aktuell: 09.02.2019 |