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Frühreife Knaben interessieren sich dafür, der Adel hat's und im Wörterbuch
ist's auch angegeben: das Geschlecht:
Dieses Wort hat drei Bedeutungen, die klar zu
unterscheiden sind:
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Die älteste ist 'Nachkommen gemeinsamer Vorfahren'.
In früheren Jahrhunderten waren die Menschen ihr Leben lang eingebunden in
die soziale Schicht, den "Stand", in den sie hineingeboren wurden: Bauern,
Bürger und Adlige. Eine Adelsfamilie hatte selbst dann noch Privilegien,
wenn sie heruntergekommen und verarmt war. Die Bauern waren ans Land
gebunden und hatten kaum Aufstiegschancen. Noch schlimmer stand es um das
"fahrende Volk", das noch nicht einmal einen festen Wohnsitz hatte. Die
Großen wie die Kleinen hatten Rückhalt in ihrer Familie. Aber nur für den
Adel war es wichtig, nicht nur die lebenden Verwandten zu kennen, sondern
auch die lückenlose Reihe ihrer Vorfahren. Denn zu einem Adelsgeschlecht
kann nur gehören, wer sein Geschlechtsregister,
seinen Stammbaum kennt.
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Schon um 1200 bezeichnete
Geschlecht auch den Unterschied zwischen Mann und Frau.
Reste dieses Sprachgebrauchs finden wir noch in den Wendungen "das
starke" und "das schöne Geschlecht".
Dieselbe Bedeutung hat lateinisch sexus,
nicht was Mann und Frau miteinander treiben, sondern die beiden
Erscheinungsformen des Menschen. Dieses Wort ist verwandt mit
secare 'schneiden', bedeutet also
'Abteilung, Klasse'.
Web
Früher diente Geschlechts- als
Eindeutschung der fremden Adjektive genital
(Geschlechtsteil) und
sexual, sexuell (Geschlechtstrieb,
Geschlechtsverkehr).
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Von diesem "natürlichen" ist das "grammatische
Geschlecht" (Genus[1])
zu unterscheiden, an dem sich entscheidet, ob wir
der, die
oder das vor ein Wort setzen. Es lässt
sich leicht zeigen, dass natürliches und grammatisches Geschlecht nicht
dasselbe sind: Die Waise ist männlich
oder weiblich, das Weib weiblich,
der Löffel und die Gabel sind wie
das Messer geschlechtslos. Das sind
grammatische Kategorien, die mit der natürlichen Beschaffenheit nichts zu
tun haben. Sie dienen zum Teil heute noch der Bedeutungsunterscheidung:
der Band 'Buch'/
das Band 'Textilstreifen'
Web; der Flur im Haus/
die Flur im Feld
Web; der Kiefer im Kopf
Web/ die Kiefer im Wald
Web.
Geschlecht
(umgelautet aus althochdeutsch gi-slachti)
Web
kommt wie Schlacht von schlagen
Web.
Vergleichspunkt ist das Schlagen von Münzen, wodurch das Geldstück seine
typische Prägung erhält. Wir reden ja auch von einem
Menschenschlag und dass jemand "seinem
Vater nachschlägt" oder "aus der Art
schlägt".
Das zugehörige Adjektiv war gi-slacht
'eigen, naturgemäß', das Gegenteil ist
ungeschlacht 'nicht artgemäß', heute in der Bedeutung 'entartet,
unförmig' und 'unartig, unhöflich'.
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[1]
lateinisch genus 'Art, Gattung, Rasse':
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