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Heinrich Tischner Fehlheimer Straße 63 64625 Bensheim |
Vom Plaid zum KleidSprachecke in den Echo-Zeitungen |
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Früher trug der Mann Hemd und Hose, die Frau ein Kleid. Das war aber nicht immer so, denn Kleid ist ein junges Wort. Kleider sind neben der Sprache, der Herstellung von Werkzeugen und der Nutzung des Feuers die wichtigsten Errungenschaften der menschlichen Kultur. Kleider sind für uns so selbstverständlich, dass wir auch unsre Toten nicht nackt ins Grab legen.
Kleider
gibt es schon sehr lange. Das Wort Kleid
kam in Mitteleuropa aber erst im 13. Jahrhundert auf, ganz deutlich ein
Fremdwort aus dem Englischen, wo cládh
(heute cloth) schon im 9. Jahrhundert
bezeugt ist. Cloth bezeichnet nicht ein
bestimmtes Schnittmuster, sondern allgemein ein Tuch und erst im Plural (clothes)
das, was man auf dem Leib trägt.[1]
Im Litauischen gibt es ein ähnliches pa-klode
'Betttuch', abgeleitet von baltisch klâ-ti
'ein Tuch hinlegen'. Man soll's kaum glauben: eine ähnliche Bedeutung und
Lautung wie im Englischen. Die Verwirrung wird noch größer, wenn wir das
schottische plaid 'Wolldecke mit
Karomustern' dazu nehmen: ein britannisches Wort, das aus
plâtis entstanden ist. Im Keltischen
rutscht in solchen Fällen das i auf die andere Seite. Keltisch p ist eine
Aussprachevariante von q. Kleid,
plaide, klode
lassen sich also auf qlâtis zurückführen.[2]
Wahrscheinlich war Kleid der Name einer
Neuerung, des gewalkten Stoffes, der dichter und wärmer ist als die Tücher
älterer Machart.[3] Das germanische Wort für 'Kleidung' war Wat. Es war noch etwa 500 Jahre nach dem Aufkommen von Kleid in Gebrauch. Dass es nach 1700 nicht mehr nachzuweisen ist, lag nicht an dem neuen Wort, nicht an der wechselnden Mode, sondern daran, dass Wat nicht eindeutig war: Es gehört zu Wate 'Schleppnetz' (Grundbedeutung 'weben, knüpfen')[6] und erinnert an waten 'im Wasser gehen', Watt 'überschwemmtes Land', Wade 'Teil des Beins'. Der Konkurrenzdruck der ähnlich klingenden Wörter ist nicht zu unterschätzen. Kleid dagegen ist eindeutig. Im Schwäbisch-Alemannischen heißt die Kleidung Häß, indogermanisch (s)k'ed- 'Decke' mit Verwandten nur im Altenglischen und Indo-Iranischen. Schriftdeutsch Häs ist das traditionelle südwestdeutsche Fastnachtskostüm.[7] |
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[5] Grimm, Deutsches Wörterbuch 11,1071 f
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Echo Online | Begriffe: Kleider Sprachecke 14.02.2012 | 2014: 01.04. | 09.04. | 01.07. | 09.07. | 15.07. |
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Datum: 09.07.2014 Aktuell: 09.02.2019 |