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Frage:
Ich wende mich heute wegen des Wortes hanebüchen an Sie. Bei meinen
70 Lebensjahren ist mir dieses Wort seit meiner Schulzeit bekannt, auch wenn
ich es selten gehört und auch selber nie benutzt habe. Neuerdings glaube ich
es allerdings öfter zu lesen bzw. zu hören..
Letzter Anstoß für diese meine Nachfrage war ein Zitat in der Zeitung: "Dies
sage er auch mit Blick auf die 'hanebüchenen Ausfälle' in der jüngsten
Stadtverordnetensitzung."
Hier passte die Verwendung von hanebüchen so gar nicht zu der
Bedeutung, die ich diesem Wort zuordnete. So blätterte ich in einem
Wörterbuch und fand als Erklärung 'unerhört'.
Ich kann mein bisheriges Verständnis von hanebüchen nicht mit einem
einzigen Wort erklären. "Das ist ja hanebüchen" war für mich etwa wie "das
ist ja albern" oder "selbstverständlich, das liegt auf der Hand" oder
"darüber braucht man gar nicht zu reden".
Ein achtzigjähriger früherer Lehrer erklärte mir - ohne meine Meinung zu
kennen - hanebüchen fast im gleichen Sinn wie ich es verstehe. Ein
Vierzigjähriger, der bei unserem Gespräch dabeistand, plädierte dagegen im
Sinn von 'unerhört'. Das entspricht ja auch dem Zeitungszitat.
Jetzt stehe ich da. Habe ich jahrzehntelang ein Wort falsch interpretiert?
Hat sich seine Bedeutung vielleicht verändert? |
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Meine Antwort:
Nach dem "Großen Duden" (2000)
bedeutet hanebüchen heute 'empörend, unerhört, skandalös'.
Dagegen führt Grimm im "Deutschen Wörterbuch" 10,166 (1877) die Bedeutung
'streng, grob' an in den Wendungen "eine hahnebüchener Kerl; eine
hahnebüchene Kälte."
Mit fällt dazu ein altes Lied ein "Wenn einer tännichte Hosen hat und
hanebüchne Strümpf, dann kann er tanzen, wie er will, da gibt es keine
Rümpf'": hölzerne Beinkleider kriegen keine Falten.
Die namengebende Hainbuche hat sehr hartes Holz, das für hölzerne Schrauben,
Walzen und Kammräder verwendet wurde. Obwohl der Baum bis zu 25 m hoch
werden kann, wurde er mit Vorliebe als Hecken angepflanzt. Dort bilden sich
durch das häufige Ausschneiden keine schönen
geraden und glatten Stämme, sondern knorrige und verkrüppelte Zweige. Aus
dem Holz lassen sich also kaum elegante Möbel oder Schnitzereien herstellen.
Hainbuchen. hanebüchen wurde daher zum Synonym für 'hart, ungehobelt,
grob'.
Wenn man die Geschichte des Wortes nicht kennt, kommt man wahrscheinlich nie
drauf, dass damit die Eigenschaft eines Holzes gemeint ist. Auch ich
kenne den Ausdruck nur von Redewendungen wie "hanebüchner Unsinn" und
gebrauche ihn selbst nicht. Man kann dann weitere Vermutungen anstellen wie
'albern, unerhört, unsinnig'. So weit liegen diese Bedeutungen nicht
auseinander, bloß
kilometerweit von der Urbedeutung 'aus grobem Holz'. Wie kommt es aber zur
Verbindung mit "Unsinn, Frechheiten, Lügen, Behauptungen…"? Weil das alles
dermaßen grob ist, dass es jeder sofort als Unsinn erkennt. |
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