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Frage:
Beim Durcharbeiten eines alten Gartenbuches fand ich die Begriffe
schiel und sarp. Für beide weiß ich keine heutige
Entsprechung.
Der betreffende Text folgt hier:
Johann Sigismund Elßholtz
"Vom Garten-Baw" Berlin/Leipzig/Cölln 1684
Faksimile-Nachdruck Georg Olms Verlag Hildesheim, 1987
Der Herausgeber des Nachdrucks gibt einen Überblick über Leben und Werk des
Autors:
Johann Sigismund Elßholtz (1623-1688): Der Hofmedicus und Hofbotanicus des
Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, genoß zu Lebzeiten
beträchtliches wissenschaftliches Ansehen. Unter seinen Schriften fand »Vom
Garten-Baw« besondere Beachtung und wurde mehrfach aufgelegt. Elßholtz legte
damit zum ersten Mal ein Kompendium der gesamten Gartenwissenschaft vor und
widmete sich in den sechs Büchern seines Werkes der »Gärtnerey insgemein«,
einschließlich der Gartenkunst, dem Blumengarten, dem Küchengarten, dem
Baumgarten, dem Weingarten und dem Arzneigarten. Den Beschluß bildet ein
Gartenkalender, der die in jedem Monat notwendigen Gartenarbeiten
verzeichnet.
An rotem Wein
1. Rot Muskateller
Hat große kirschbraune Trauben mit süßem Geschmack.
2. Rot Welsch
Hat große schwarze Trauben mit süßem Geschmack.
3. Genser/Groß-Breunel/Roht Schönedel
Hat große bräunliche Trauben, sarp.
4. Roht Traminer
Mittelgroße Trauben, rötlich, ganz süß.
5. Schiel Traminer
Mittelgroße Trauben, schiel, ganz süß.
6. Wiener
Große lange Trauben, fleischig, leibfarben, sarplich.
7 Klebrot
Mittelgroße Trauben, schwarz, süß.
8. Ungrisch Leibfarb
Mittelgroße Trauben, bräunlich, süß.
9. Rot Heunisch
Große Trauben, schwarz, säuerlich.
10. Hart-Rot
Mittelgroße Trauben, schwarz, säuerlich
11. Ziegel-Farbe
Große Trauben, bräunlich, säuerlich
12. Gemein-Rot
Mittelgroße Trauben, säuerlich, schwarz, gibt den anderen die rote Farbe.
13. Feld-Rot
Mittelgroße Trauben, schwarz und sauer.
14. Schlee-Rot
Mittelgroße Trauben, zwar dicht von schwarzen Beeren aber sauer wie
Schlehen.
15. Zottelrot
Lange Trauben, aber kleine dünne Beerlein, schwarz und sauer. Die letzten
drei Arten sind nicht viel wert, sondern machen den anderen Wein beim
Pressen nur sauer.
Etliche sonderbare Weinreben
Außer den bislang aufgezählten Gattungen der Weinreben, welche bei uns in
Weinbergen und Lauben allgemein angebaut werden, kann man auch einige
fremde Weinstöcke nicht übergehen, die man nur als Rarität in den
Lustgärten an Geländern zieht und welche man neben fleißiger Aufsicht den
Sommer über auch gegen den Winter mit Bedecken wohl verwahren muß. Als da
sind:
- Vitis vinifera apyrina
Weintrauben ohne Körner Vitis corinthia ...
Die Blätter sind klein, rund und weniger zerschnitten als an unseren
gemeinen Weinstöcken: die Beeren süß, weinsaftig und klein wie Corinthen
oder Rosinen. Man muß aber diese Art nicht verwechseln mit den gemeinen
Elber-Trauben, welche auch Vitis agygartos genannt werden, weil jede
Beere nur ein Korn hat.
- Vitis folio laciniato
Petersilienwein, weil seine Blätter nach Art der Petersilie gekerbt
sind. Ist ein sehr fruchtbarer Weinstock, die Trauben sind blank, die
Beeren groß, nicht gar zu dicht gesetzt aber sehr lieblich vom
Geschmack.
- Vitis tinctoria Tintenwein Hat
den Namen bekommen weil seiner Trauben Saft sehr
dunkel-rot ist und so stark färbt, daß man damit wie mit roter Tinte
beständige Schrift schreiben kann. In Frankreich tritt man diese Trauben
mit unter die Weine, welche satt-rot werden sollen.
- Vitis botro variegato
Schweizer- oder Gescheckter Wein, weil seine Trauben ganz bunt sind, in
dem eine Hälfte blank, die andere Hälfte rot oder unter den Beeren hin
und her die eine blank, die andere rot ist.
- Vitis muscata variegata
Blank-Muskateller mit roten Strichen.
- Vitis malvatica
Malvasier-Trauben, grau.
- Vitis lachryma Wächst am Fuß
des Vesuvs. Dieser Wein ist rötlich, duftet sehr anmutig, erfreut das
Herz und schadet weder dem Haupt noch dem Magen. Heißt auch Virgineum
weil er von selbst und ehe er noch gepreßt wird, aus den reifen Trauben
tränenweise rinnt.
- Vitis Burdelas Burdelasser.
Die Trauben sind blank und so groß, daß deren eine die Schüssel füllt
...
- Zum Schluß soll hier angefügt werden
Vitis gigas Riesen-Wein. Gegen diesen sind alle anderen bisher
aufgezählten Weinstöcke nur Zwerglein. Eberhardus Schultesius schreibt
davon: In dem äußersten oder unteren Afrika besonders in Mauretanien,
hat es Weinstöcke, welche zwei Männer nicht umfassen können. Die Trauben
eine Elle lang mit Beeren so groß wie ein Hühnerei. Wenn sich dies
tatsächlich so verhält, so scheint der Größe nach einige Gleichheit zu
sein zwischen diesen afrikanischen Weinstöcken und denen aus dem Tal
Escol im Gelobten Lande, davon im IV. Buch Mose cap. XIII.24 gedacht
wird, daß sie von zwei Männern auf einer Stange getragen worden sind.
Im Anschluß an diese Aufzählungen folgt
das IV. Kapitel mit dem Titel "Der Weinstöcke Vermehrung und
Verbesserung". Hier werden alle Methoden, die heute noch gültig sind,
eingehend beschrieben: die Vermehrung durch Absenker, durch Schnittlinge,
das Pfropfen. In weiteren Kapitel geht es um die Bodenbearbeitung, die
Ernte und die Weinbereitung.
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Meine Antwort:
Nach Grimm, Deutsches Wörterbuch
15,11 ist schieler Wein 'scheler, schiefer, nicht ganz
richtiger Wein' mit "bleichroter Farbe", also wohl das, was wir heute Rosé
nennen.
Für sarp habe ich direkt nichts gefunden, nur soviel herausbekommen:
Da in der Aufstellung zuerst das Aussehen, dann der Geschmack beschrieben
wird, und da "sarp(lich)" an zweiter Stelle steht, muss es sich wohl um eine
Geschmacksbezeichnung handeln. "Süß, säuerlich, sauer" sind ausdrücklich
benannt; also muss es sich um einen anderen Geschmack handeln, vielleicht
"herb" oder trocken".
Nachtrag: In einer lateinisch - althochdeutschen Wortliste aus der Karolingerzeit
(Abrogans) fand ich die Gleichung
-
acer. sarpfer (scharf)
- aceruus. sarfer (bitter, herb)
Beides sind Varianten von altgemanisch = niederdeutsch
sarp, das
ich aber noch nicht gefunden habe. Vg. dt. scharf = engl. sharp
Die Endung -er braucht Sie nicht zu stören: "Es war ein sar(f)er
Wein". Nachtrag:Eben fand ich ein irisches
Sprichwort: „Ge milis am fìon, tha e searbh ri dhìol.“ (Der Wein ist
süß, das Bezahlen bitter.) - ausgerechnet in Zusammenhang mit Wein!
Searbh wird scharew gesprochen und
bedeutet 'sauer, herb, bitter' (im Geschmack und übertragen). Auf Altirisch
hieß es
serb. Ein römischer Germane trug den Namen Felix Serbus.
Im Lateinischen bedeutet
sorbus 'Eberesche, Vogelbeere', deren
Früchte säuerlich schmecken. Grundbedeutung ist wahrscheinlich 'rot'; in den
slawischen und baltischen Sprachen bezeichnet ein ähnliches Wort andere rote
Beeren; dazu schwedisch sarf 'Rotauge'. Die Kelten haben anscheinend
nach der Frucht eine neue Geschmacksrichtung kreiert und an die Deutschen
weiter vererbt. |
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