Notdurft
Notzucht |
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Meine Antwort:
Notdurft
ist eine erläuternde Zusammensetzung aus althochdeutsch
nōt und
durft:
eine "Durft" aus Not, nicht aus Verlangen oder Interesse, was dieses Wort
auch bedeuten konnte, also "ich muss", nicht "ich will" oder "darf".
Bedeuten konnte dieses Wort 'Bedürfnis, Bedarf (Mangel), Not (Zwang),
Gehorsam, Notwendiges (was sein muss)', positiv: 'Nutzen' (was die Not
wendet), ein Anliegen, das jemand hat (und seine Not wenden kann)'.
Heute ist Notdurft
eingeengt auf das "dringende Bedürfnis", dahin zu gehen,
wo der Kaiser zu
Fuß hingeht "and to wash my hands".
Die alte Bedeutung ist noch zu ahnen in
notdürftig, ursprünglich
'nötig', heute 'provisorisch, behelfsmäßig', nur das, was auf die Schnelle
getan werden muss und getan werden kann, vielleicht auch schon im Sinne von
dürftig
'armselig'.
Durft
gehört zu dürfen, heute meist als Hilfsverb gebraucht im Sinn von 'es ist
mir erlaubt', althochdeutsch
durfan war aber 'brauchen,
nötig haben, entbehren, sollen, einen Grund zu etwas haben'.
Auch
Notzucht
ist ein merkwürdiges Wort, denn
Zucht ist etwas ganz anderes,
auf Menschen bezogen 'Disziplin' ("Zucht und Ordnung"), hergestellt durch
Androhung von
Züchtigung 'Strafe, Schläge' - auf Tiere bezogen 'gezielte
Fortpflanzung einer Rasse'.
Mittelhochdeutsch
nōtziehunge war die 'gewaltsame Entführung und Schändung, im
Unterschied zum halblegalen Frauenraub mit Einwilligung der Braut, aber
gegen den Willen des Schwiegervaters. Das war in alten Zeiten die einzige
Möglichkeit die Frau zu kriegen, die man liebte, wenn man z. B. den
Brautpreis nicht bezahlen konnte, aber Manns genug war, sie zu entführen.
Noch drastischer ist
nōtzerrunge,
nōtzerren. Das Verb von
nōtziehunge
war althochdeutsch
nōtzogōn, davon abgeleitet Notzucht, und davon
notzüchtigen.
Germanisch nauþiż
'Not' war etwas Bedrohliches, sogar Lebensgefährliches. Das damit verwandte
naus
bedeutete im Gotischen 'Leiche', alttschechisch
náv 'Hölle'.
Die heutigen Bedeutung sind sehr abgeschwächt, so auch
nötigen, 'juristisch: 'unter
Androhung von Gewalt zwingen' - meist bleibt's bei der Drohung. In
Ostpreußen gab es die Redensart: "Das Essen war nicht schlecht, aber die
Nötigung": Wenn man eingeladen war, musste man sich nötigen lassen,
überhaupt oder noch mehr zu nehmen. Wenn die Gastgeberin nicht nötigte,
blieben die Gäste hungrig.
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